Von Pascal Bouillon

Mein GPS zeigte „Spot on“ an. Ich überfuhr die Position um eine Ruderlänge und ließ mich dann vom Wind auf den Spot treiben. Ob es dort mittlerweile von Welsen wimmeln sollte? Ich wusste es nicht und beschloss, nur ein paar lose, geknackte Boilies zu füttern. Wenig kompliziert, aber muss es das denn immer sein? Schnell ruderte ich die rund 300m zum Ufer zurück. Dort wartete Marius bereits und klimperte mit den Kaffeetassen, denn es gab ein Schlückchen Piraten-Juice.

Es war windig an diesem Abend und wir saßen bei mir im Zelt. Die JBL Box machte ein bisschen Sound und wir unterhielten uns über dies und jenes. Ein Spätherbst-Abend am Wasser, wie er schon jetzt kaum besser hätte sein können. Als meine Long-Range Rute los pfiff und Marius sich ans Ruder setzte, spürten wir, wie sehr der Wind drückte. Sicher und zügig brachte mich mein Freund auf den See, immer näher an den Fisch. Ob ich eine Vorahnung hatte, weiß ich heute nicht mehr. Was in diesen Minuten dort draußen auf dem vom Wind zerwühlten See geschah, ist einfach surreal.

Kurz stand der Fisch unter dem Boot und zog ein paar kurze Bahnen im 10m tiefen Freiwasser. Als er dem Druck nachgab und an die Oberfläche kam, schalteten wir die Kopflampe ein und erstarrten. Noch immer liegen mir Marius‘ Worte in den Ohren: „Das ist er!“, rief er. Ob der erste Kescherversuch gelang, oder wir noch zittern mussten – ich weiß es nicht mehr. Fakt ist, beim Anheben des Fisches gaben die Maschen des ramponierten Unterfangs nach und rissen. Doch wir hatten ihn und brachten ihn sicher ans Ufer.

Uns beiden war klar, dass der Fisch weit über 30kg haben musste. Das Wiegen bestätigte die Vermutung, denn der Zeiger zitterte sich kurz vor der 34kg- Marke ein.

Ich war sprachlos und wollte nicht mal anstoßen. Wir tranken Kaffee und sagten uns immer wieder, wie verrückt der ganze Trip doch sei. Mir war klar, dass ich als Verfechter der „Domaine publique- Fischerei“ mit diesem Fang etwas erreicht hatte, das schwer zu toppen ist. Klar, es gibt noch größere Fische in öffentlichen Gewässern, aber mir wurde in diesen Stunden klar, dass ich gefühlsmäßig am Ende meiner Big-Fisch Fahnenstange angelangt war. Der Rest ist Geschichte und ich bin froh, dass ich diese einzigartigen Momente mit meinem guten Freund Marius teilen konnte.

Für die Zeit danach stand fest, dass es neue Herausforderungen geben musste, denn es gibt mehr Erstrebenswertes, als immer nur die ganz Großen fangen zu wollen.

Angeln ist nicht nur Fangen; man muss auch einstecken können. Was wäre jetzt trefflicher als ein Zitat aus Hemingways „The old man and the sea“?

“He always thought of the sea as ‚la mar‘ which is what people call her in Spanish when they love her. Sometimes those who love her say bad things of her but they are always said as though she were a woman. Some of the younger fishermen, those who used buoys as floats for their lines and had motorboats, bought when the shark livers had brought much money, spoke of her as ‚el mar‘ which is masculine. They spoke of her as a contestant or a place or even an enemy. But the old man always thought of her as feminine and as something that gave or withheld great favours, and if she did wild or wicked things it was because she could not help them. The moon affects her as it does a woman, he thought.”

Pascal Bouillon

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